2018 Bentley Flying Spur V8 – Der smarte Bruder aus Crewe

Hamburg 2018

In den meisten Familien gibt es einen Sportler, einen Kopfakrobat und einem smarten Gentleman. Bei Bentley übernimmt der Flying Spur den Part des ruhigen, besonnenen Bruders. Immer hilfsbereit, stets gepflegt und wenig auffällig. Selbst ein kräftiger V8 unter der Haube kann daran nichts ändern.

295 km/h und es stimmt. Selbst bei dieser Geschwindigkeit bleibt der Spur sauber in der Spur. Kein Brüllen, kein Schreien und vor allem keine Zicken. Ruhig und fast ein wenig sehr lässig zieht die Limousine ihre Bahn. Als dann ein Wagen die Spur für sich in Anspruch nahm, neigte er höflich das Haupt und rollte mit 240 weiter. Das steckt an. Der Gasfuß malträtiert nicht das Pedal, er drückt es sanft nach unten, als befände man sich in einem Wellness-Tempel und die Autobahn ist der Weg zum Ziel. Entspannung bei Vollgas, man glaubt es kaum. 


5,2 Sekunden bis Tempo 100. Es stimmt. Mit dem Smartphone des Beifahrers gemessen. Der V8 faucht, der Vorderwagen hebt sein Haupt, als wolle er sehen, wohin die Reise geht. Bis zur Vollbremsung, die dann folgt und der Vorderwagen senkt sein Haupt, diesmal weil er sich anstrengt. Vollbremsungen mit fast 2,5 Tonnen Gewicht sind harte Arbeit, auch für die sehr guten Pirellis, die der Brite trägt. Das kann er wirklich. Schnell fahren und hart arbeiten. Und dabei sieht man es diesem Bentley noch nicht einmal an. Vorn, hinter den 21-Zoll-Felgen erkennt man 405 mm Stahlscheiben, die hinteren messen 355 mm. Wir haben die Entschleunigung ein paar mal getestet, kein Fading weit und breit, die Leistung der Bremsen können wir als exzellent bezeichnen, was bei einem derart schnellen und schweren Fahrzeug sehr wichtig ist.


Zwischen 295 km/h und den 5,2 Sekunden passiert natürlich weit mehr als nur Vollbremsung und ein Haupt, das wie der berühmte WauWau auf der Ablage den Kopf senkt und hebt. Der Flying Spur ist natürlich in erster Linie ein Reisewagen, eine Langstrecken-Limousine und auch ein Gefährt für die Fahrt zwischen Haus und Büro. Das Interieur spricht da eine deutliche Sprache. Man sitzt sehr bequem, man sieht gut hinaus, man kann dem Leder der Sessel jeden Tag auf´s Neue einen guten Tag wünschen, weil es von bester Qualität ist und weil es sehr gut verarbeitet wurde. Vor Jahren waren wir in Crewe und wir haben jene Menschen getroffen, die zum Beispiel die Stühle mit Leder beziehen. Man spürt die Lust auf Qualität, die den Handwerkern im Bentley-Werk scheinbar in die Wiege gelegt wurde. „Der Sitz wird erst montiert, wenn er wirklich bereit dazu ist.“ den Satz habe ich mir gemerkt und später darüber nachgedacht, weshalb man in den letzten Jahren derart viele Rückrufe wegen technischer Mängel bei der Produktion bei so vielen Großserien-Herstellern erleben durfte. 


Das Blechkleid des Spur ist wahrlich kein Aufreger. Was auch auf die anderen Mitglieder der Bentley-Familie zutrifft. Aber der Spur kann das noch besser. Die optische Präsenz des Mulsanne schafft der Spur nur annähernd. Das Gesicht, also der Gitterlook in der Mitte plus die beiden Leuchten links und rechts und darunter die schmalen Öffnungen, wecken beim Erscheinen im Rückspiegel weder Hektik noch Fragezeichen. Ok, da ist ein Bentley hinter mir, aber der greift jetzt nicht gleich zum Vorschlaghammer und prügelt sich die Fahrbahn frei. Ein Gentleman auf Reisen, mit 507 PS unter der Haube und einem Gasfuß, der das Pedal eher vornehm nach unten drück. Den lass´ ich gern vorbei. Danke Freund. 


Wir wollen über die Zukunft und unseren Spur sprechen. USB, Hot Spot, WLAN, Life-Navigation, Apple-CarPlay und so weiter. Japanisch für Autofahrer. Der Spur, unser Spur, ist da eher Brite. Also das Smartphone wollte er nicht an sich ran lassen. Kein Vernetzen mit der internen IT-Abteilung. Das Navi suchte seine Informationen über einen Festspeicher zusammen. Die GPS-Daten, also unser aktueller Standort wurde brav übermittelt und sortiert, aber die Berechnung der Route errechnete der Bentley noch per Rechenschieber. Ok, das ist übertrieben, aber ganz junge Autos schaffen das deutlich schneller. Den USB-Anschluß haben wir nicht gefunden, trotz heftigster Suche. Auch der Berater beim Hamburger Bentley-Händler wusste keinen Rat. Du sitzt in diesem fast 200.000 Euro Fahrzeug und lernst, dass die ersten Autoradios eine Revolution waren. Vorher wurde in Autos gesungen. Das erste Kassettenabspielgerät im Auto war der Hammer. Vorher wurde bis zum Exzess nach dem richtigen Sender gesucht und die allerersten Mobiltelefone in der Mittelkonsole haben wir als Sensation und Aufbruch in ein neues Zeitalter gefeiert. Heute sagen wir dem Wagen, dass uns kalt ist und die Heizung läuft wie von Geisterhand. Morgen wird uns der Nachbar fragen wo unser Auto ist und wir werden antworten: „Es fährt mal alleine um den Block, hat Langeweile.“ Unser Testwagen scheint sich erfolgreich gegen diese Trends zu wehren. Er fährt oder er steht. Mit der Nobles eines Briten, der Kraft eines V8 und mit dem Komfort eines echten Bentley. Viel mehr muss er nicht wirklich können. 


Die technischen Daten (laut Hersteller):

Motor: V8 BiTurbo

Hubraum: 3.992 ccm

Leistung: 373 kW/507 PS bei 6.000 U/min

Drehmoment: 660 Nm ab 1.750 U/min

Antrieb: Allrad

Getriebe: 8-Gang Automatik


Maße:

Länge: 5.299 mm

Breite (mit Spiegel): 1.924 mm (2.208 mm)

Höhe: 1.488 mm

Radstand: 3.066 mm

Leergewicht: 2.425 kg

Tank: 90 Liter

Kofferraum: 442 Liter


Fahrleistungen und Verbrauch:

Top Speed: 295 km/h

0-100 km/h: 5,2 s


Verbrauch kombiniert: 10,9 l/100 km

CO2: 254 g/km


Preis in Deutschland ab: 190.876,00 Euro inkl. Steuer

Fotos: Bentley




Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmst du dem zu.

Datenschutzerklärung